

König und Kirchenoberhaupt: Zur Krönung von Charles III.
Liebe Leserin, lieber Leser, die Krönungszeremonie für Charles III. zum König von Großbritannien und Oberhaupt der Kirche von England am 6. Mai folgt liturgisch der alttestamentlichen Einsetzung der Könige Israels. Theologisch deklariert sie den König allerdings als das von Gott eingesetzte Oberhaupt von Staat und Kirche, was seit Mitte des 19. Jahrhunderts in der Realität überholt ist.
Rasanter Abstieg
Die echte Frömmigkeit Königin Elizabeths II. hatte die tiefgreifenden Umwälzungen in der anglikanischen Kirche überlagert. Bei ihrer Krönung 1953 war der Anglikanismus nicht nur Staats-, sondern auch Mehrheitsreligion. Seitdem verläuft die Abwendung von der anglikanischen Kirche noch rasanter als von den Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Im Jahr 2000 rechneten sich 30 % der anglikanischen Kirche zu, heute hat sich diese Zahl halbiert.
Während Elisabeth II. ihren persönlichen Glauben deutlich verbalisierte, ist ein ähnliches Bekenntnis von Charles III. nicht bekannt.
— Thomas Schirrmacher
Spätestens nach Elizabeth II. wäre also eine Diskussion über die Minderheitenposition des anglikanischen Glaubens angebracht, ebenso darüber, wie die Kirche wieder missionarisch werden kann. Charles III. hat bisher keine Sorge über diese Entwicklung erkennen lassen, noch darüber, dass die Rolle des Königs als Oberhaupt der Kirche von England dieser Realität angepasst werden sollte.
75 % erkennen geistliches Oberhaupt nicht an
Die Krönung fällt in die Zeit der weltweiten Spaltung der anglikanischen Kirche. Über 75 % der Bischöfe erkennen den Erzbischof von Canterbury nicht mehr als ihr Ehrenoberhaupt an, womit sie sich auch vom englischen König losgesagt haben.
Dabei geht es nicht nur um Theologie (vor allem die Sexualethik), sondern auch darum, dass eine globale Kirche mit Schwerpunkt Globalem Süden nur einen Engländer an der Spitze haben darf. Bisher deutet nichts darauf hin, dass Charles III. auf die Bischöfe des Globalen Südens zugehen und einen Kompromiss suchen könnte. Von ihnen wird er ohnehin kaum als Protestant oder Anglikaner wahrgenommen, sondern eher als Katholik.
Kein persönliches Bekenntnis von Charles III.
Während Elisabeth II. dem traditionellen evangelikalen Flügel („low church“) der Kirche zuzurechnen war, gilt Charles III. als dem anglo-katholischen Flügel („high church“) zugetan. 2019 nahm er an der Heiligsprechung (Kanonisierung) von St. John Henry Newman durch die katholische Kirche im Vatikan teil, der zum Katholizismus konvertiert war. Und während Elisabeth II. in ihren Weihnachtsansprachen ihren persönlichen Glauben deutlich verbalisierte, ist ein ähnliches Bekenntnis von Charles III. nicht bekannt.
Einen ausführlichen Beitrag von Prof. Schirrmacher zur Krönung lesen Sie unter idea.de/charles