

Warum ich in der Kirche bleibe
Liebe Leserin, lieber Leser, die Kirchen schrumpfen so schnell wie nie zuvor. Die meisten treten aus, weil sie keine innere Verbindung zu Glauben und Kirche haben. Sie sehen nicht ein, für einen „Verein“, von dem sie nichts haben, noch einen „Mitgliedsbeitrag“ (sprich: die Kirchensteuer) zu zahlen. Und es gibt Menschen, die austreten, obwohl sie hochverbunden sind und beispielsweise mit der Politisierung der evangelischen Kirche nicht einverstanden sind.
Auch ich ärgere mich über den Klima-Aktionismus der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Darüber, dass der Schutz des ungeborenen Lebens kaum noch der Rede wert ist. Dass theologisch wie politisch konservative Positionen in der evangelischen Kirche konsequent marginalisiert werden. Und dass sich Kirche mit spontanen Tauf- und Trauaktionen zum religiösen Dienstleister degradiert. Und trotzdem bleibe ich. Drei Gründe sind dafür entscheidend.
1. Dankbar für die Reformation
Die evangelische Kirche ist die Kirche der Reformation, die das Evangelium von der bedingungslosen Gnade Gottes für uns sündige Menschen wiederentdeckt hat. Ohne Vorleistungen sind wir durch den Glauben an Jesus gerettet. Und die Heilige Schrift Alten und Neuen Testaments gibt uns davon Zeugnis. Natürlich ist das längst keine rein „evangelische“ Erkenntnis mehr (war es auch nie), aber ich bin so dankbar für die Reformation, dass ich der Kirche der Reformation treu bleiben möchte.
Die Landeskirche hat nach wir vor großartige missionarische Chancen – wir müssen sie nur nutzen.
— Hans-Joachim Vieweger
2. Von Gott an diesen Platz gestellt
Ich bin in die evangelische Kirche hineingeboren worden. Das mag man als reinen Zufall ansehen. Aber ich denke, dass sich Gott etwas dabei gedacht hat. Er hat mir einen Platz und eine Aufgabe in dieser Kirche „zufallen“ lassen. Das ist manchmal unbequem. Aber es scheint mir, dass wir uns in der heutigen Zeit allzu schnell andere Plätze und Aufgaben suchen – weil sie uns bequemer erscheinen, weil uns der Wechsel scheinbar „mehr bringt“, ohne dass wir dazu wirklich von Gott berufen sind.
3. Großartige missionarische Chancen
Auch wenn die Kirche ihren Charakter als Volkskirche immer mehr verliert: Die Landeskirche hat nach wie vor großartige missionarische Chancen – wir müssen sie nur nutzen. Sei es im Religionsunterricht oder in der Begegnung mit Konfirmanden und ihren Familien. Sei es bei Kasualien oder im ganz normalen Gottesdienst, in den Besucher hineinschnuppern. Dass Menschen hier Jesus kennenlernen, dazu möchte ich meinen kleinen Teil beitragen. Und wenn das geschieht, dann ist (fast) aller Ärger über die Fehlentwicklungen der EKD vergessen.
© Foto(s) TITELBILD: ISTOCKPHOTO.COM/ ZBYNEK POSPISIL; SEITE 3: ARD-HAUPTSTADTSTUDIO/JENS JESKE