
Katholischer Verlag & blasphemische Aussagen: Das passt nicht!
Simone Paganini

Pietisten und konservativen Katholiken wird immer mal wieder vorgeworfen zu ignorieren, wie häufig in der Heiligen Schrift Sexualität positiv bewertet wird. Der Autor des Büchleins – der aus Italien stammende Professor für Biblische Theologie an der Technischen Hochschule Aachen – steht freilich in der Gefahr, viele Stellen geradezu zu sexualisieren. Ihm ist zuzustimmen, wenn er die Sexualität als Gottes Geschenk bezeichnet. Zutreffend stellt er auch fest, dass es eine einheitliche biblische Sexualmoral nicht gibt. Die Unterschiede zwischen Altem und Neuem Testament seien gravierend. Besonders in der Anfangszeit des Volkes Israel sind Vielehe (schon Abraham hatte drei Frauen), Verwandtenehe (Inzest: Lot und seine Töchter) oder Patchworkfamilien üblich, ebenso wie der gelegentliche Gang zur Prostituierten. Im Stammbaum von Jesus befänden sich gleich zwei Prostituierte.
Tatsächlich geht es in Teilen des Alten Testaments sexuell gelegentlich noch chaotischer zu als in unserer liberalen Gegenwart. Gleichzeitig gibt es strengste Verbote, z. B. mit ausländischen Frauen Sex zu haben. Weil das Volk Israel Unzucht mit den heidnischen Moabiterinnen trieb, mussten 24.000 von ihnen während der Wüstenwanderung sterben (4. Mose 25). Im Blick auf das heiße Thema praktizierte Homosexualität erwähnt der Autor das Verbot (3. Mose 18), meint aber zwischen David und Jonathan eine geduldete homosexuelle Beziehung belegen zu können (1. Samuel 20). Der Autor: „Homosexualität, so scheint es, wird in der Bibel schlicht und ergreifend gelebt.“ Im Neuen Testament könne dagegen „legitimer Geschlechtsverkehr nur innerhalb einer Ehe zwischen Mann und Frau stattfinden“.
Das Problem des Büchleins ist, dass der katholische Autor neben zutreffenden Beschreibungen auch Behauptungen aufstellt, die einfach nicht stimmen – wie beispielsweise, dass „die Polygamie in der Bibel nirgendwo“ verboten würde. Thesen wie Gott habe eine verheiratete Frau verführt, halte ich für blasphemisch und wundere mich, dass ein katholischer Verlag wie Herder so etwas verlegt.
Helmut Matthies, IDEA-Vorstandsvorsitzender