

FSJ – Ein Jahr voller Möglichkeiten
Mehr als 50.000 junge Menschen absolvieren jährlich in Deutschland ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ): Ihre Arbeit bereichert nicht nur unzählige Einrichtungen, die Jugendlichen profitieren auch selbst. Warum ein FSJ viel mehr ist als ein Übergang ins Berufsleben, zeigen die Erfahrungen von Teilnehmern im GRZ Krelingen (früher: Geistliches Rüstzentrum Krelingen). Von Lisa Tauscher
© Foto(s) GRZ KRELINGEN
Selbst wenn Besucher wegen des Lockdowns gerade wegbleiben – Sauberkeit ist im Tagungsund Freizeitzentrum des GRZ Krelingen wichtig. Rahel Meussling leistet einen großen Beitrag dazu: Die 19-Jährige beteiligt sich gerade an der Grundreinigung der Häuser, die sonst in der Lüneburger Heide zahlreiche Gäste beherbergen. Meussling ist eine von fünf jungen Erwachsenen, die in diesem Jahr ein FSJ in dem niedersächsischen Zentrum absolvieren. Zu dessen Einrichtungen gehören neben dem Tagungszentrum auch ein Reha-, ein Studien-, ein Seelsorge- und Gemeindezentrum und eigene Betriebe – vielseitige Arbeitsfelder also für die FSJ-Teilnehmer.
Persönlich wachsen
Eigentlich ist Meussling im Service des Tagungszentrums angestellt – dem Arbeitsfeld, das ihr am meisten zugesagt hatte. Dass sie pandemiebedingt gerade in der Hauswirtschaft mithilft, stört sie aber nicht weiter. „Am meisten Freude macht mir die Gemeinschaft.“ Die junge Frau schätzt die Erfahrung, neue Menschen kennenzulernen und sich bewusst auf sie einzustellen – zum Beispiel in ihrer Wohngemeinschaft auf dem Gelände des GRZ, in der die meisten FSJler während ihres Jahreseinsatzes leben. Dieses Umfeld war ihr besonders wichtig für ihr soziales Jahr nach der Schule: „Das FSJ hat sich schon jetzt für mich gelohnt, weil ich in einem geschützten Rahmen ausziehen und eigenständig in einer WG leben durfte. Ich kann mich hier selbst besser kennenlernen und erfahren, wie ich eigentlich bin und was ich kann.“ Eine wichtige Voraussetzung für das spätere Berufsleben. Denn auch darum geht es Meussling, genauso wie vielen FSJlern: herauszufinden, was sie in Zukunft machen möchte. Sie würde jedem nach der Schule ein FSJ empfehlen, „da das persönliche Wachstum in so einem Rahmen sehr wertvoll ist“.
Am meisten Freude macht mir die Gemeinschaft.
— Rahel Meussling
Einblicke in den Berufsalltag bekommen …
Silas Wobbe dagegen möchte mit seinem FSJ ganz konkret prüfen, ob ihm das soziale Arbeiten liegt. Seine Tätigkeit in der Überbetrieblichen Ausbildung, einem Reha-Angebot des GRZ Krelingen für psychisch beeinträchtigte Menschen, ist dafür prädestiniert. „Ich wohne mit psychisch-kranken und ehemals drogenabhängigen Jugendlichen zusammen und begleite sie bei ihrer Ausbildung im hauswirtschaftlichen Bereich“, erzählt der 20-Jährige. Die Arbeit und das Leben mit den Auszubildenden mache ihm Spaß. „Ich arbeite gerne im Haushalt und in der Küche und ich finde es toll, dass man was mit den Bewohnern gemeinsam unternehmen kann – soweit es die Corona-Bedingungen gerade zulassen.“ Er würde ein FSJ besonders denen empfehlen, die sich wie er im sozialen Bereich ausprobieren möchten.

… und Gott dienen
Tatsächlich ist die Palette an möglichen Tätigkeiten aber viel breiter: Sie reicht von Einsätzen in Vereinen, Kirchen und Gemeinden über Tätigkeiten in gemeinwohlorientierten Kultur- und Verwaltungseinrichtungen bis hin zu Aufgaben in den Bereichen Technik, Medien, Sport oder Unterhaltung. Jugendliche können ihre Fähigkeiten also in vielen Bereichen testen – und dabei etwas Gutes tun. Denn auch darum geht es natürlich im FSJ, sagt Wobbe: „Gott und den Mitmenschen dienen.“ Und das prägt die Persönlichkeit nachhaltig. Studien legen nahe, dass Absolventen sich auch nach ihrem FSJ langfristig sozial engagieren.
Begleitende Angebote
Und ein weiterer Aspekt unterstützt die persönliche Weiterentwicklung: Häufig sind im FSJ begleitende Bildungs- und Beratungsangebote vorgesehen. Im GRZ Krelingen gehört dazu die wöchentliche „Teamtime“, in der berufs- und persönlichkeitsbezogene Themen besprochen werden, wie Alexandra Nester erzählt. Sie ist für das Jahresteam zuständig. Die Freiwilligen seien außerdem in die Seminararbeit von netzwerk-m (früher: Ring Missionarischer Jugendbewegungen) eingebunden, dem Träger des FSJ in Krelingen. Ein besonderer Vorteil christlicher Einrichtungen sei, dass Jugendliche oft auch ihr Glaubensleben schulen könnten. Nester: „Bei uns können sie sich in der Gemeinde des GRZ engagieren, Seelsorge in Anspruch nehmen und am Seminarprogramm des Freizeit- und Tagungszentrums teilnehmen.“

Was ergreifend ist
Auch das schätzen Meussling und Wobbe. Beide sind überzeugt, dass ihr Freiwilliges Soziales Jahr sie nachhaltig prägt, und zwar über die eigene Berufswahl hinaus. „Das FSJ lohnt sich, um mehr über sich selbst zu erfahren und um persönlich und geistlich zu wachsen und zu reifen“, fasst Wobbe zusammen. Alexandra Nester, die schon viele FSJ-Teilnehmer im GRZ Krelingen begleitet hat, kann das nur bestätigen: „Es ist wirklich ergreifend, die Entwicklung der jungen Erwachsenen mitzuerleben.“
Freiwilliges Soziales Jahr
• Ein FSJ können junge Menschen ableisten, die die Vollzeitschulpflicht erfüllt, aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet haben. Ältere Personen können sich im Rahmen eines Bundesfreiwilligendienstes (BFD) engagieren.
• Teilnehmer erhalten ein Taschengeld, abhängig vom Träger auch Verpflegung und Unterkunft.
• Ein FSJ dauert meist 12 Monate, mindestens jedoch sechs und höchstens 18 Monate. Häufig startet das FSJ zwischen Juli und September.
Das GRZ Krelingen versteht sich als freies Werk innerhalb der hannoverschen Landeskirche. Zu den Arbeitsbereichen gehören neben einem Seelsorge- und Gemeindezentrum ein Reha-Zentrum mit Sozialtherapie und beruflicher Rehabilitation für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Suchthintergrund, ein theologisches Studienzentrum, ein Freizeit- und Tagungszentrum sowie eine Seniorenwohnanlage.
GRZ Krelingen e.V.
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