
Veröffentlichen im Selbstverlag
Wer bei den einschlägigen Verlagen mit seinem Werk nicht landen kann, kann das Buch gemeinsam mit einem passenden Dienstleister im Selbstverlag veröffentlichen. Das sogenannte „Self Publishing“ ist auf dem Buchmarkt inzwischen weitgehend akzeptiert. 2015 ging Christian Geiß, Referent beim Bibellesebund, diesen Weg zum ersten Mal, wie er Julia Bernhard berichtete.

IDEA: Verschiedene Verlage wollten Ihr Buch nicht. Wieso?
Geiß: Im Jahr 2010 habe ich mit Freunden den Plot zum Roman „Seelenkrieg“ erarbeitet. Ein historischer Fantasy- beziehungsweise Abenteuerroman, der verschiedene Genres kreuzt und sowohl christliche als auch säkulare Leser anspricht. Im Zentrum des Buches stehen Platons Höhlengleichnis und die Frage nach der personalen Freiheit. Dabei ist der historische Hintergrund des Romans das Jahr 1914 und die Entstehung des Ersten Weltkriegs. Die Geschichte stellt die Gefangenheit des Menschen und die Realität des Bösen sehr detailliert und plastisch dar. Das Buch hat starke Thriller-Elemente und ist nichts für schwache Nerven. Verschiedene Freunde haben das Manuskript gelesen, und die Rückmeldungen waren alle gut bis sehr gut. So habe ich mich auf die Suche nach einem Verlag gemacht und nur Absagen erhalten. Dabei habe ich es bei allen sehr bekannten christlichen Verlagen versucht, und die Rückmeldungen waren meist kurz und eindeutig. Es wurde mir klar vermittelt, dass aus der Verlagssicht ein solches Buch nicht passt oder nicht vertretbar ist. Ich konnte nachvollziehen, dass das Buch für manche zu heftig war.

Wie kam es schließlich zu der Entscheidung für eine Veröffentlichung im Selbstverlag?
Die Rückmeldungen von Freunden und Bekannten haben mich zuversichtlich gestimmt. Das Buch musste hinaus in die Welt. Fünf Jahre Arbeit sollten nicht umsonst gewesen sein. Nach unzähligen Mails und vielen Anläufen bin ich dann auf den Neufeld Verlag gestoßen, der in seiner „Edition Wortschatz“ Autoren die Möglichkeit gibt, im Selbstverlag zu veröffentlichen. So begann meine Reise zum Selbstverleger. Ich habe mich auf das Wagnis eingelassen und dem Angebot des Verlegers David Neufeld zugestimmt. Der Verlag organisiert das Lektorat, den Satz, die Gestaltung eines Covers, den Druck und den Versand. Natürlich ist das mit Kosten verbunden, aber sie waren für mich durch- und überschaubar. Insgesamt habe ich etwa 7.500 Euro für das fertige Buch inklusive der ersten Auflage bezahlt.
Was sind die Vorteile des Self Publishing?
Meine Reise durch die Welt der Bücher und Verlage dauert jetzt elf Jahre. Bei „Edition Wortschatz“ ist inzwischen ein weiteres Buch von mir – „Vollbracht“ – erschienen. Gott hat mir viele „Zufälle“ geschenkt, die es mir erst ermöglichten, diese Bücher zu schreiben. Der Selbstverlag hat viele Vorteile. Man hat die Möglichkeit, gezielt Einfluss auf die Gestaltung zu nehmen. Die Differenz zwischen dem Einkaufsund dem Verkaufspreis, die Marge, ist ziemlich hoch. Die Gewinnschwelle wird daher schon mit der ersten Auflage erreicht. Aber Self Publishing bedeutet auch, dass ich mich selber um das Marketing kümmern muss. Ich habe bestimmt über 1.000 Mails geschrieben, um mein Buch zu bewerben. Ich brauchte Werbeanzeigen, Flyer, Poster, Roll-Up-Banner für Lesungen, einen Trailer und eine Internetseite, die in etwa 2.500 Euro gekostet hat. Inzwischen wurden beide Bücher sowohl von konservativen als auch liberalen Theologen sehr gut rezensiert, und ich bin glücklich und auch erfolgreich mit diesem Weg.
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